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Geschichtliche Entwicklung
Kurzfassung der geschichtlichen Entwicklung
des Breisgauer Turngaues e.V.
1. Die Anfänge des Turnens in Südbaden
Der Freiburger Turnverein, 1844 begründet, ist der erste Turnverein in Südbaden. Es scheint, daß die Schüler, die gemäß Verordnung der badischen Regierung ab 1833/34 an höheren Lehranstalten des Landes an gymnastischen Übungen teilgenommen hatten, dann 1844 einen Ewachsenenverein mit festgelegten Statuten gründeten.
Im Jahre 1846 gründeten Handwerker und Schüler in Lahr einen Turnverein. In Emmendingen und Neustadt erfolgten im gleichen Jahr ebenfalls Vereinsgründungen.
Die Revolution von 1848 brachte ein Verbot aller Turnvereine; Turner waren maßgeblich an den Freiheitsbestrebungen beteiligt gewesen. Alle Vereinsunterlagen – Protokolle, Mitgliederverzeichnisse ect. – wurden vernichtet. Aus dieser Zeit fehlen demzufolge alle Nachweise.
Erst 1859/60 lebten die Turnvereine wieder auf. Auf Antrag der Turnvereine des Oberrheins, darunter auch Freiburg und Emmendingen, wurden 1860 der „Oberrheinische Turnverband“ gegründet.
Das erste „Oberrheinische Turnfest“ fand 1861 in Karlsruhe statt.
Am „3. Oberrheinischen Turnfest“, 1865 in Freiburg durchgeführt, nahmen bereits 30 Turnvereine teil.
2. Der Breisgauer Turngau von der Gründung bis zum 1. Weltkrieg
Für die zunächst noch weit verstreut liegenden Turnvereine bildeten Turnfeste, Tagungen oder gesellige Veranstaltungen eine zeitliche, nicht zuletzt auch eine finanzielle Belastung. Die Vereine schlossen sich deshalb mit anderen benachbarten Vereinen zu „Verbänden“ zusammen.
Die Vereine des Breisgauer Turngau und der Ortenau bildeten am 12. September 1875 den „Breisgau-Ortenauer-Turnverband“. Diesem gehörten zunächst die Turnvereine aus Freiburg, Emmendingen, Lahr, Offenburg und Hornberg an. Rasch stieg durch Neugründungen die Zahl der Mitgliedsvereine an, und damit stieg auch die Anzahl der Turnfeste und Veranstaltungen. Erneut entstanden den Vereinen zeitliche und finanzielle Probleme.
So trennten sich aus diesen Gründen die Vereine des Breisgau vom Verband und gründeten am 21. Januar 1883 in Emmendingen den „Breisgauer Turnverband“. Der Verband entwickelte sich erfolgreich, neue Vereine traten hinzu. Im Jahr 1891 beschloß der Gauturntag, dem Verband den Namen „Breisgauer Turngau“ zu geben. Aus der Ortenau schlossen sich die Turnvereine Lahr, Oberkirch, Zell a.H. und Dinglingen dem „Breisgauer Turngau“ an. Die meisten gehören auch im Jahr 1996 noch dem Breisgauer Turngau an.
Am 25. Februar 1883 fand der erste „Gauturntag“ in Freiburg statt.
Am „1. Gauturnfest“ in Freiburg waren 1888 bereits 29 Vereine mit 500 Turnern beteiligt.
Das 7. Gauturnfest wurde 1891 in Colmar durchgeführt, um die Verbundenheit der Turnvereine disseits und jenseits des Rheines zu demonstrieren. Das Turnfest wurde durch die Behörden finanziell kräftig unterstützt.
Turner aus Freiburg, Waldkirch, Kollnau, Emmendingen, Kenzingen, Endingen, Oberrotweil und Colmar nahmen teil. Dazu kamen Vereine aus dem Elsaß, aus Baden, der Pfalz und aus Basel.
Das „5. Oberrheinische Turnfest“ verzeichnete in Freiburg 1893 bereits 300 Turner aus 80 Turnvereinen.
Im Jahr 1894 schlossen sich die Turnvereine aus Neustadt, Lenzkirch, Bonndorf, St. Blasien und Kappel i.Schw., bislang im „Hochfirstgau“ zusammengeschlossen, dem Breisgauer Turngau an. Dieser umfaßte damit 16 Vereine mit 2.045 Mitgliedern.
Als erster aller bestehenden Turngaue führte der Breisgauer Turngau bereits 1895 das Frauenturnen ein.
Im gleichen Jahr wurden die Turnvereine Staufen und Müllheim gegründet. Beide traten dem Breisgauer Turngau bei.
Die im Jahr 1911 neu gegründeten Turnvereine Oberrotweil und Kippenheim traten sofort dem Breisgauer Turngau bei.
Vor dem 1. Weltkrieg zählte der Breisgauer Turngau 4.545 Mitglieder. Dann legte der Krieg den gesamten Turnbetrieb lahm.
3. Die Jahre von 1918 bis zum Zweiten Weltkrieg
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges mußten sich die zurückkehrenden Turner erst wieder, privat und beruflich, neu orientieren. Doch schon zum 23. März 1919 lud der „Rumpf-Gauvorstand“ zum „40. Gauturntag“ nach Freiburg ein. An diesem nahmen immerhin 38 Vereine mit 60 Delegierten teil.
Der „42. Gauturntag“ stellte 1921 die Stärke des Breisgauer Turngaues mit 49 Vereinen und 6.400 Mitgliedern fest. Der Gauturntag legte die „Gausteuer“ auf 4,20 Reichsmark je Mitglied/Jahr fest.
Schon 1924 erreichte der Gau eine Stärke von 68 Vereinen mit 10.800 Mitgliedern. Der Gaubeitrag wurde auf 1 Goldmark je Mitglied/Jahr festgelegt.
Aus organisatorischen Gründen nahm der Gauturntag 1927 eine „reinliche Scheidung“ zwischen „Turnen“ und „Sport“ vor. Diese machte sich sofort bei der Mitgliederzahl bemerkbar. Der Gau zählte danach nur noch 62 Vereine mit 7.434 Mitgliedern.
Das Frauenturnen, durch den Gauvorstand kräftig gefördert, nahm einen guten Aufschwung. Das „1. Gaufrauenturnfest“ fand 1922 in Emmendingen statt. An den Wettkämpfen nahmen 116 Turnerinnen und 60 Jugendturnerinnen teil. Das letzte „Gaufrauenturnfest“ wurde 1930 in Dinglingen durchgeführt. Bei diesem traten 192 Turnerinnen und 15 Vereinsriegen zu den Wettkämpfen an; 500 Turnerinnen nahmen an der allgemeinen Keulenübung teil.
Die folgenden Jahre brachten zunehmend einschneidende Veränderungen aus politischen Gründen.
An Ostern 1933 faßte der Hauptausschuß der „Deutschen Turnerschaft“ den Beschluß, daß sich „.....das Leben der Deutschen Turnerschaft künftig auf dem Führergedanken aufbauen soll“.
Dies bedeutete, daß Wahlen nur noch auf Vereinsebene stattfanden. Die Vorstände der Turnkreise und Turngaue wurden durch den Vorstand der Deutschen Turnerschaft „berufen“. Vereinsvorstände wurden zwar gewählt, mußten jedoch durch die „Gauvertreter“ bestätigt werden. Bei der Berufung war durch die Verantwortlichen darauf zu achten, „.....daß sie nur solche Turner berufen und bestätigen, die vollkommene Gewähr dafür bieten, daß sie sich dem nationalsozialistischen Einheitswillen freudig und aus innerem Drange einzuordnen vermögen“.
Aufgrund dieser Beschlüsse wurde aus dem „Breisgauer Turngau“ „der Breisgauer Turnkreis“. Der gewählte Gauvorsitzende Dr. Paul Wäldin legte sein Amt nieder. An seine Stelle trat August Boos aus Freiburg.
Im Jahr 1933 wurden in den Turnvereinen das „Wehrturnen“ und das „Pflichtturnjahr“ eingeführt, wovon alle Turner von 17-21 Jahren erfaßt wurden.
Die Jugendarbeit konnte nur noch im Rahmen der Hitlerjugend durchgeführt werden. Den Vereinen wurde dadurch die Jugend entzogen. Der „Gaujugendwart“ wurde „Bannfachwart“ der Hitlerjugend.
Alle Vereine hatten an „Gaufesten des Reichsausschusses für Leibesübungen“ teilzunehmen. Sie konnten sich notfalls auch mit anderen Vereinen zu „Vereinsriegen“ zusammenschließen. „Vereine, welche hier nicht antreten, gelten ab 1. August 1935 als aufgelöst“, bestimmte ein Erlaß.
Der Beginn des Zweiten Weltkrieges brachte das Turnen in den Vereinen erneut zum Erliegen. Die meisten Turner, Funktionäre und Fachwarte waren zum Kriegsdienst eingezogen worden. Turnerinnen und ältere Turner hielten mühsam so etwas wie „turnerisches Leben“ in den Turnvereinen aufrecht.
4. Wiederbeginn nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges
Das „Gesetz Nr. 52“ der französischen Militärregierung verbot 1945 alle Vereine. Das Vereinsvermögen wurde beschlagnahmt, das Deutsche Vereinsrecht außer Kraft gesetzt.
Heimlich, und oft unter unsäglichen Mühen, kamen allenthalben Turner zusammen, um in Scheunen, in Schulturnhallen, in privaten Liegenschaften, Turnstunden abzuhalten. Der TV Herdern führte durch mutige Turnbrüder die Reihe der Turner an. Anträge wurden gestellt, Gesuche eingereicht, auf die Praxis in anderen Besatzungsgebieten verwiesen. Schließlich, im Jahr 1948, führten die vielfältigen Versuche zum Erfolg. Die französische Militärregierung genehmigte, sehr vorsichtig zunächst, die Wiedergründung von Vereinen. Am 17. Oktober 1948 wurde in Emmendingen der „Turnausschuß Breisgau“ gegründet. Dieser akm am 24. Oktober 1948 zu seiner ersten Sitzung zusammen.
Schon am 10. April 1949 fand in der Gaststätte Feierling in Freiburg der erste „Gauturntag“ nach dem Kriege statt. Die 40 Delegierten wählten Emil Nonnenmacher zum Gauvorsitzenden, und sie beschlossen, daß der „Turnausschuß Breisgau“ wieder seinen alten Namen „Breisgauer Turngau“ annehmen sollte. Damit kam das turnerische Leben im Breisgau wieder in Schwung.
Zum Landesturnfest in Offenburg kamen 1951 bereits wieder 43 Gauvereine. Die Jugend strömte in die Turnvereine, wollten sich in Wettkämofen messen. Die ersten „Gau-Jugendkämpfe“ sahen 1954 63 Jugendturner und 60 Jugendturnerinnen-Mannschaften am Start.
Die meisten der Vereine, die bereits vor dem Kriege bestanden hatten, nahmen nach und nach ihre Arbeit wieder auf. Hinzu kamen zahlreiche Neugründungen, die jedoch häufig bereits als „Mehrspartenvereine“ gegründet wurden. Der reine Turnverein war bei diesen Neugründungen die Ausnahme.
Die sportlichen Erfolge des Breisgauer Turngaues erreichten in diesen Jahren eine ungeahnte Höhe. In zahlreichen Disziplinen nahmen Turner und Turnerinnen der Gauvereine an Deutschen- und Badischen Meisterschaften teil, und kamen dabei zu zahlreichen Meisterehren. Teilnahmen an Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen gehörten in diesen Jahren zu den Normalitäten.
„.... Dieser Breisgauer Turngau steht mit seiner Leistungsdichte in ganz Deutschland auf einsamer Höhe“. Schrieb Landeskunstturnwart Walter Freivogel am 27. März 1991 an den Gauvorsitzenden Bernd Schäzle.
Am 8. Oktober 1983 feierte der Breisgauer Turngau in Breisach sein 100jähriges Jubiläum.
Der Gau hatte sich in den Jahren von 1949 bis 1983 von 45 Vereinen mit 4.660 Mitgliedern auf 102 Vereine mit 33.183 Mitgliedern entwickelt. Dem Gauvorstand gehörten 10 Personen an. Die 24 Turn- und Sportarten, die in den Gauvereinen angeboten wurden, mußten von ebensovielen Gaufachwarten und Gaufachwartinnen betreut werden.
Um die ständig wachsende Zahl der Gauvereine besser betreuen zu können, waren 1950 bereits 6 „Turnkreise“ beschlossen worden: Turnkreis Lahr, Turnkreis Emmendingen, Turnkreis Kaiserstuhl/Tuniberg, Turnkreis Müllheim, Turnkreis Neustadt und Turnkreis Freiburg-Stadt. Die Vorsitzenden der Turnkreise gehören seither dem Gauvorstand an und fungieren als Mittler zwischen Gauvorstand und Gauvereinen.
Der „Breisgauer Turngau e.V.“ des Jahres 2008 ist mit 128 Vereinen und ca. 56.000 Mitgliedern der größte der 16 Turngaue des Badischen Turner-Bundes e.V. in Karlsruhe, der seinerseits ca. 1000 Vereine mit 390.000 Mitgliedern umfaßt. In Südbaden ist der Turngau der größte aller Sportverbände.
Die räumliche Ausdehnung des Turngaues reicht von Meißenheim im Norden bis Auggen im Süden, und von Friedenweiler im Osten bis nach Breisach und Sasbach im Westen.
Der Gau-Turntag ist das oberste Organ des Breisgauer Turngaues. Die ca. 300 Delegierten der Vereine treten alle zwei Jahre zusammen, um die Richtlinien der Gauarbeit festzulegen. Darüberhinaus haben sie die Berichte des Gauvorstandes und der Fachwarte und Fachwartinnen entgegenzunehmen, den Vorstand zu entlasten und neu zu wählen, evtl. Mitgliedsbeiträge zu verändern, über Satzungsänderungen zu diskutieren und abzustimmen, auf Antrag des Gauvorstandes Ehrenmitglieder zu ernennen und über Anträge der Gauvereine zu befinden und zu beschließen.
Günter Fuß